Der Bedarf an Traktionsakkus legt gewaltig zu, in erster Linie profitieren etablierte Hersteller. Chancen für Start-ups beim Recycling.

  • Bedarf an Li-Ionen-Batteriekapazität steigt bis 2030 weltweit auf bis zu 2.600 GWh. Dennoch sinken die Chancen für Neueinsteiger, als Akkuproduzenten Erfolg zu haben.
  • Große Investoren stecken viel Geld in die Industrie, bevorzugen allerdings bereits gut eingeführte Unternehmen.
  • Tätigkeitsfelder wie Dienstleistungen rund um Akkus, Recycling und Wiederverwertung gewinnen stark an Bedeutung, sowohl für Start-ups wie für bereits etablierte Firmen.

Der jüngste Beschluss des EU-Parlaments, Verbrennungsmotoren ab 2035 als Antrieb für Neufahrzeuge zu verbieten, ist eigentlich obsolet. Schließlich haben sich alle wesentlichen Fahrzeughersteller, die auf dem europäischen Markt eine Rolle spielen, längst zur E-Mobilität bekannt. Viele von ihnen werden schon deutlich vor 2035 aus der ICE-Technik aussteigen. So ist es wenig überraschend, dass die weltweite Nachfrage nach Li-Ion-Akkus als Energiespeicher für die neue Mobilität rasant an Bedeutung zulegt.

Die Experten von Berylls Strategy Advisors gehen davon aus, dass die jährliche Produktionskapazität von Lithiumionen-Batterien im Jahr 2021 in den USA, Europa und China in Summe knapp unter 700 GWh lag. Für 2030 prognostizieren die Experten in diesen Regionen einen jährlichen Bedarf von bis zu 2.600 GWh. Alexander Timmer, Partner bei Berylls Strategy Advisors: „Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Hersteller ihre Fertigungskapazitäten jährlich im Schnitt um 16 Prozent steigern. Das Geld dafür ist da.“ Seit 2020 hat sich das Budget, mit dem die Finanzierungsrunden den Batterie-Start-ups zu Liquidität verhelfen, mehr als versechsfacht. Das gesamte jährliche Finanzierungsvolumen der von Berylls betrachteten Start-ups ist von 900 Millionen Euro auf über sechs Milliarden Euro.

Die Finanziers setzen allerdings eher auf bereits gut im Markt etablierte Unternehmen, zum Nachteil der Newcomer. In der Folge schrumpft die Zahl der Firmenneugründungen rund um die Batterieproduktion, während der Bedarf an Akkus gleichzeitig stark wächst. Neben der Fortführung der Produktion von Li-Ion-Akkus, bestimmen neue Zelltechnologien die Zukunft der Traktionsbatterien und geben der Industrie den Innovationspfad vor. Allerdings stehen Start-ups, die sich mit der Festkörper-Technologie auseinandersetzen, auch auf diesem Feld im harten Wettbewerb zu den bekannten Zellherstellern. Die treiben mit ihrer Kapitalmacht die Entwicklung voran. Zusätzlich haben sie, durch bereits bestehende Produktionskapazitäten und dem zugehörigen Know-How einen Vorsprung gegenüber den Newcomern. Die können auch in dieser Zukunftstechnologie nur mit echten Produkt-USPs glänzen.

Für Start-ups, die dennoch am Boom der Elektromobilität teilhaben wollen, gibt es andere Möglichkeiten, um erfolgreich in den Markt einzusteigen. Sie sollten sich um die zunehmend wichtiger werdenden Randbereiche der Akku-Wertschöpfungskette bemühen. Zu den erfolgversprechenden Segmenten gehören nach Ansicht der Berylls-Experten die Feldüberwachung der Batterien, die Wiederaufbereitung sowie das stoffliche Recycling der in den Batterien enthaltenen Materialien. Nicht zuletzt, weil die EU die Bedingungen für die Batterie-Recyclingquote deutlich verschärfen will. Bis 2025 auf soll eine Quote von 90 Prozent gelten, die dann bis 2030 auf 95 Prozent anwachsen wird. Für Firmenneugründungen in diesem Bereich sind dies gute Nachrichten.

Tatsächlich ergreifen bereits einige Start-ups die hier gegebenen Möglichkeiten und die Zahl der Newcomer in diesen Bereichen beginnt zu wachsen. Die Chancen sollten allerdings auch von den Playern genutzt werden, die heute bereits als Akku-Produzenten erfolgreich sind und selbstverständlich auch von Zulieferern, deren Geschäftsmodell bislang auf dem konventionellen Antriebsstrang fußt.

Vor allem das Recycling erscheint vielversprechend, denn der Hunger nach Rohstoffen wächst beinahe exponentiell, während gleichzeitig wichtige Lieferanten, bedingt durch die Nachwirkungen der Pandemie, vor allem aber wegen des Ukrainekriegs ausfallen.  Unternehmen, die hier nicht über das nötige Know-how verfügen, tun gut daran, sich dieses Wissen einzukaufen oder über Kooperationen an Bord zu holen.

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