Wie gehen Versicherer mit ihren säumigen Kunden und deren zahlungsgestörten Verträgen um? Gibt es einen strategischen Ansatz für Customer Retention, oder gehen diese Kunden langfristig verloren? Wird mit dieser Kundengruppe überhaupt kommuniziert und falls ja, wie genau? Tatsache ist, dass am Ende einer Customer Journey Verbraucher:innen mit zahlungsgestörten Versicherungsverträgen immer noch schnell auf dem Abstellgleis landen. Strategische Kundenrückgewinnungsmaßnahmen sind trotz des immensen Umsatzpotentials für viele Versicherer offensichtlich noch immer kein Top-Thema. Wir haben mit ausgewiesenen Branchenexperten über dieses Thema und den Stand der Digitalisierung bei Versicherern gesprochen. Lesen Sie in Teil 1 des digitalen Roundtables unter anderem, wie Kundenrückgewinnungsmaßnahmen heute in der Regel ausgestaltet sind.

Wie ist bisher der klassische Umgang mit zahlungsgestörten Verträgen und wie wird mit diesen Kund:innen nach Abschluss des Mahn-/Inkassoprozesses weiter kommuniziert?  Harald Weber: Was das Thema zahlungsgestörter Kunde betrifft: Alle Maßnahmen ab Beginn einer Zahlungsstörung müssen das Ziel haben, den Bestand zu erhalten. Bei der einen oder anderen Versicherungsform hat er keinen Versicherungsschutz mehr, wenn eine Zahlungsstörung vorliegt. Auch wenn ein Kunde unregelmäßig zahlt, sollte man nach Möglichkeiten suchen, ihn zu halten. Und nur kündigen, wenn seine Schadensgeschichte falsch läuft. Sei es Betrug, sei es die Schadenssituation oder -häufigkeit.

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler: Ich kann nur aus der Praxis der Gesellschaften berichten, in denen ich tätig war. Dort hat man in einem gewissen Maße versucht, die Störungen zu beheben. Aber ab einem bestimmten Punkt war Ende, zum Beispiel bei Zahlungsunfähigkeit oder wenn der Fall aus dem Inkasso in die juristische Abteilung oder zu einem ausgelagerten Juristen geht. Dann kümmert sich keiner mehr um solche Kunden.

Ich würde gern über Kundenrückgewinnung sprechen: Die Daten gehen bei einer Zahlungsstörung irgendwann wieder zurück in den Vertrieb. Das heißt, auch da gibt es wieder einen entsprechenden Prozess und ein Mitarbeitender greift zum Telefon. Würden da nicht digitale Maßnahmen Sinn machen, um mit dem Kunden per E-Mail oder per Messenger Kontakt aufzunehmen?

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler: Versicherer können diese Prozesse für ihre eigene Vertriebsorganisation gut vorgeben. Beim Vertrieb über Makler ist das etwas schwieriger, weil sie für diese Prozesse das Einverständnis des Maklers brauchen. eine Erfahrung zeigt, dass viele Makler dankbar sind, wenn die Versicherung im ersten Schritt kleinere Probleme oder Ungereimtheiten ausräumt. Und erst dann informiert werden, wenn es eine nachhaltige Störung ist oder wenn es zu ernsten Schwierigkeiten kommt. Ich fände es sehr gut, wenn es da eine Unterstützung gäbe, die auch extern stattfinden kann.

Bleiben wir beim Thema Daten. Gibt es Gründe dafür, warum zeitgemäße Kommunikationskanäle noch nicht ausreichend genutzt werden?

Christoph Ruoff: Um vernünftige Prozesse aufzusetzen, braucht man auch gleichartige Datenstrukturen. In Gesprächen habe ich von der Versicherungswirtschaft erfahren, dass moderne Kommunikationsmittel alleine deswegen nicht genutzt werden können, weil die dazu notwendigen Kontaktdaten in den Stammdaten fehlen. Wir haben hier Prozesse, um das zu optimieren. Nehmen wir mal nur die E-Mail eines Kunden. Die gibt der Außendienst zum Beispiel nicht weiter, weil er nicht möchte, dass der Versicherer über diesen Kanal unmittelbar Kontakt zum Kunden bekommt. Das ist eine grundsätzliche Datenproblematik, die nicht zufällig oder durch mangelnde Pflege entsteht, sondern aus strategischen Gründen absichtlich herbeigeführt wird. Dann ist es natürlich schwierig, vernünftige Prozesse aufzusetzen.

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler: Viel schwieriger ist ein anderes Thema: Man kann auf die Daten nur schlecht zurückgreifen oder sie so verknüpfen, wie man das gerne haben möchte. Weil gerade die IT-Systeme großer Versicherungen das reinste Patchwork sind. Die wissen das, fürchten aber den Aufwand, die ganzen Teilsysteme in einen Prozess zusammenzuführen.

Harald Weber: Die großen Versicherer haben sehr früh mit IT angefangen und haben folglich eine ganze Heerschar von Altsystemen, die oft unabhängig voneinander arbeiten. Bei etlichen Versicherern wird gerade daran gearbeitet, diese auf ein modernes integriertes System umzubauen.

Den vollständigen Text des FutureTalks können Sie hier als pdf herunterladen.

Lesen Sie im Teil 2 des digitalen Roundtables, wie atriga mit CRM-driven-Retention erstmals eine KI-basierte Lösung anbietet, mit der Versicherer säumige Kunden gezielt über einen dynamisch gesteuerten Prozess zurückgewinnen können und was die Experten zu dieser Innovation im Forderungsmanagement sagen.

Die Teilnehmer

Prof. Dr. Hans-Wilhelm Zeidler begann seine Laufbahn bei den Gothaer Versicherungen als Assistent des Vorstandsvorsitzenden. Darauf folgte die Berufung in die Vorstände der Gothaer Lebensversicherung a.G. und der Gothaer Allgemeine Versicherung AG. Es folgten 34 Jahre Vorstandstätigkeit unter anderem als Personal-, Sparten- und Vertriebsvorstand im Gothaer Konzern, der Berlinischen Lebensversicherung AG, den Inter Versicherungen, und der Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung AG.

atriga-Beirat Harald Weber ist seit 2018 selbständiger Unternehmensberater. Zuvor war er über 34 Jahre bei der Allianz Deutschland AG in unterschiedlichen Funktionen tätig, unter anderem als Leiter der Zahlungsprozesse und verantwortlich für In /Exkasso und Forderungsmanagement in Deutschland.

Christoph Ruoff übernahm nach seinem Studium leitende Positionen in den Bereichen Werbung, Marketing, Vertrieb und Forderungsmanagement. Umfassende Studien zum deutschen Inkassomarkt, zum Schuldnerverhalten und zur Psychologie des Schuldners machen ihn zu einem gefragten Ansprechpartner. Seit Gründung der atriga im Jahr 2003 verantwortet Ruoff dort das Business Development und ist Teil des Expertenteams, das sich mit der ständigen Weiterentwicklung der innovativen atriga Forderungsmanagementplattform beschäftigt.

Christoph Overmann hat sich nach seiner Banklehre und dem Studium der Wirtschaftswissenschaften ganz dem Vertrieb von erklärungsbedürftigen Dienstleistungen verschrieben. So startete er als Versicherungsmakler, bevor er vor über 20 Jahren Forderungsmanagement und Inkasso zu seinem Tätigkeitsbereich erkor. Seit mehr als 10 Jahren ist Christoph Overmann in leitenden Funktionen der Branche tätig und stellt sich immer noch gerne den Herausforderungen der Kundengewinnung und -betreuung.

Über die atriga GmbH

Als Vorreiter im kundenfreundlichen und digitalen Forderungsmanagement B2B/B2C unterstützt die konzernunabhängige atriga zusammen mit weiteren Gesellschaften der Gruppe weltweit mehr als 25.000 Mandanten. Die unternehmenseigene IT-Forschungs- und Entwicklungsabteilung steht für wegweisende Innovation und führt Konzerne und Unternehmen aller Größen und Branchen ‚TOTAL DIGITAL‘ ins 21. Jahrhundert.

International tätige Konzerne und Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen (z. B. Assekuranz, Banken, E-Commerce, Gesundheitswesen, Immobilien, Logistik, öffentlicher Personen(nah)verkehr, Payment, Telekommunikation, Verlage, Versandhandel, Versorger) schätzen die umfassende Expertise der atriga, insbesondere in den Bereichen Forderungsmanagement, Inkasso, Recht, Softwareentwicklung und Datenschutz.

atriga ist Vertragspartner der SCHUFA und der meisten Auskunfteien, Mitglied im Bundesverband Credit Management e.V. (BvCM), im Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), in der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD) und im Bundesverband der Dienstleister für Online Anbieter e.V. (BDOA).

atriga ist Gründungsmitglied des E-Commerce-Leitfadens des Institutes ibi research an der Universität Regensburg.

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