Im dritten Quartal sind in NRW nur 20 neue Windenergieanlagen in Betrieb gegangen. Für das Gesamtjahr rechnet der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) mit einem Ausbauplus zwischen 350 und 400 Megawatt. Was viel zu wenig ist, wenn die Landesregierung ihre eigenen Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den Klimaschutz erreichen will.

In den ersten neun Monaten dieses Jahres sind nach einer vorläufigen Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) landesweit 67 neue Windenergieanlagen mit zusammen 275 Megawatt (MW) Leistung erstmals ans Netz gegangen (Stand: 05.10.2022). Da im gleichen Zeitraum auch einige ältere Anlagen abgebaut worden sind, erreicht der Nettozubau 259 MW. Die FA Wind wertet jedes Quartal die Ausbauentwicklung auf Basis des von der Bundesnetzagentur betreuten Marktstammdatenregisters aus.

Nach den bisherigen Erfahrungen rechnet der LEE NRW für dieses Jahr mit einem Bruttozubau zwischen 350 und 400 MW in Nordrhein-Westfalen (zum Vergleich 2021: 331 MW). „Trotz des zu erwartenden Aufwärtstrends reicht das hinten und vorne nicht, damit die Landesregierung ihre eigene Ziele beim Ausbau der Erneuerbaren Energien und beim Klimaschutz auch nur annähernd erreicht“, zeigt sich der LEE NRW-Vorsitzende Reiner Priggen ernüchtert.

Die schwarz-grünen Regierungsparteien hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf den Bau von 1.000 zusätzlichen Windenergieanlagen in dieser Legislaturperiode verständigt. Gemessen an der mittlerweile gängigen Generatorgröße von um die 5 MW heißt das ein Plus von mindestens 5.000 MW, sprich 1.000 MW pro Jahr. Zur Erinnerung: Bereits 2017 hatte es in NRW einen Windkraftausbau von annähernd 900 MW brutto gegeben.

Mit dem Zubau in den zurückliegenden neun Monaten rangiert NRW im Ländervergleich nach Schleswig-Holstein und Brandenburg auf Platz 3. Bei den Genehmigungen für neue Windenergieanlagen steht NRW mit 531 MW hinter Niedersachsen sogar auf Rang 2. Diese Rankings sind jedoch wenig aussagekräftig, denn im Vergleichszeitraum des Vorjahres lagen landesweit positive Bescheide für 575 MW vor – sprich acht Prozent mehr als bis dato. An der Zahl der erteilten Genehmigungen lässt sich aber der zu erwartende Windkraftausbau ermessen. Deshalb sagt LEE NRW-Vorsitzender Priggen: „Von einer richtigen Aufbruchstimmung für die Windenergie in NRW ist bislang noch wenig zu spüren.“

Für den LEE NRW muss die schwarz-grüne Landesregierung beim Windkraftausbau deutlich aufs Tempo drücken. „Zu den Signalen, die die Windbranche aus Düsseldorf braucht, gehört nicht nur die schnelle Abschaffung des nach wie vor gültigen, unsäglichen 1.000-Meter-Mindestabstandes zu Wohnsiedlungen sowohl für Repowering- als auch für Neubauvorhaben“, fordert Priggen. „Wir brauchen wesentlich schnellere Genehmigungsverfahren, eine Öffnung der Wirtschaftsforste sowie von Industrie- und Gewerbegebieten für die Windenergienutzung noch in diesem Jahr – und damit neue Flächen, neue Flächen, und nochmals neue Flächen.“

Damit die dringend notwendige Windenergie-Offensive wirklich an Fahrt aufnimmt, wäre es für den LEE NRW „eine richtige Ansage“, wenn die Landesregierung den ersten Schritt zu weiteren Flächenausweisung „deutlich vor den bundesgesetzlich festgelegten Fristen“ abschließt. Nach dem Ende Juli im Deutschen Bundestag verabschiedeten Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) ist NRW spätestens zum 31. Mai 2024 verpflichtet, dass die im WindBG festgelegten Flächenziele durch Landesrecht verbindlich umgesetzt wurden. Für NRW müssen mindestens 1,8 % der Landesfläche der Windenergienutzung rechtskräftig zur Verfügung gestellt werden. Priggen: „Besser wären mehr Flächen und eine schnelle planerische Festlegung der neuen Flächen.

Neben dem jüngst gemeinsam mit der Bundesregierung und dem RWE-Konzern vereinbarten vorzeitigem Ausstieg aus der Braunkohlenförderung und -verstromung bis zum Jahr 2030 kommt die neue Landesregierung nach Einschätzung des LEE NRW aus einem weiteren Grund an einem stark forcierten Windkraftausbau nicht vorbei: NRW soll, so der Koalitionsvertrag, die „erste klimaneutrale Industrieregion Europas“ werden. Der dafür notwendige grüne Wasserstoff muss, so die Forderung des LEE NRW, im großen Stil im eigenen Land mit Erneuerbaren Energien – vor allem mit der Windenergie – hergestellt werden. Reiner Priggen: „Die Botschaft ist eindeutig: Nur wer Windenergie sät, kann Wasserstoff ernten!

Die Top 3 der Kreise mit dem bislang höchsten Windkraftausbau im Jahr 2022:

Kreis Düren: 47,7 MW
Hochsauerlandkreis: 44,1 MW
Kreis Paderborn: 42,8 MW

Über den Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V.

Als Dachverband der Erneuerbare-Energien-Branche in Nordrhein-Westfalen bündelt der LEE NRW die Interessen aus allen Bereichen der Energiewende. Zum Verband zählen mittelständische Unternehmen, Verbände und Bürger. Das gemeinsame Ziel: 100% Erneuerbare Energien bis 2045 – in den Bereichen Strom, Wärme und Verkehr. Dafür engagieren sich auch fünf LEE-Regionalverbände als kompetente Ansprechpartner vor Ort. Denn im Energieland Nr. 1 ist die Branche wichtiger Arbeitgeber für 46.000 Beschäftigte, die 2017 ein Umsatzvolumen von 10 Mrd. Euro erwirtschafteten.

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