Die Welt befindet sich aktuell im Umbruch und eine Krise folgt auf die andere. In Politik und Bevölkerung gewinnt zunehmend – vor allem in sicherheitsrelevanten Bereichen und Versorgungsstrukturen – die Idee der nationalen und europäischen Souveränität an Bedeutung. Der Anspruch dabei ist es, die Kontrolle über essenzielle Infrastrukturen in der Hand zu haben und Abhängigkeiten so gering wie möglich zu halten. Neben Energieversorgung und der Absicherung von technischen Systemen müssen hier auch die Bargeldversorgung und die Stabilität von Zahlungssystemen im Fokus stehen.

Konkrete Bedrohung der Bargeldinfrastruktur

Der Bargeldkreislauf kann nur bis zu einem bestimmten Zirkulationsvolumen aufrechterhalten werden. Der leichte, verlässliche und sichere Zugang der Bevölkerung zu Münzen und Scheinen hängt also stark davon ab, ob Bargeld verfügbar gemacht und in der Breite genutzt wird. Wenn jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt werden, wird diese Verlässlichkeit in Zukunft nicht mehr gegeben sein. Grund hierfür ist unter anderem die Dominanz internationaler Kartenanbieter im deutschen Markt.

Bereits heute werden rund 70 % der Bargeldtransaktionen in den deutschen Geldautomaten-Netzwerken der unabhängigen Anbieter mit Karten der großen internationalen Kartenorganisationen abgewickelt. Nur noch ca. 30% der Transaktionen erfolgen mit einer deutschen girocard. Der Trend ist weiter abnehmend. Durch den aktuell stattfindenden Tausch ganzer Kartenportfolios von Kredit- in Debitkarten sowie durch die Einstellung von „Maestro“ als sogenanntem CoBatch auf girocards zur Jahresmitte 2023, die dazu führt, dass diese nicht mehr im Ausland eingesetzt werden können, gerät die girocard – die einzige deutsche Debitkarte – immer weiter unter Druck. Für Geldautomatenbetreiber reduziert sich dadurch die Möglichkeit, kostendeckende Entgelte für den Betrieb ihrer Geldautomatennetze zu erzielen drastisch, was den Abbau der Infrastruktur zur Folge hat. Zudem führt der massive Anstieg von Kartenprodukten der internationalen Kreditkartenunternehmen dazu, dass die einzig frei bepreisbare girocard ihrerseits für Karteninhaber teurer, damit unattraktiv und letztlich verdrängt wird.

Internationale Abhängigkeiten reduzieren und nationale wie europäische Lösungen fördern.

Es scheint Strategie der internationalen Kartenunternehmen zu sein, immer mehr digitale Transaktionen über ihre Infrastrukturen abzuwickeln, da sie davon wirtschaftlich profitieren. Das geht zu Lasten von Bargeldzahlungen und anderer Marktteilnehmer, die so langfristig in unzulässiger Weise aus dem Markt gedrängt werden. So wird sich mit der Zeit auch die Anfälligkeit für Cyberangriffe / -terrorismus und Datendiebstahl erheblich erhöhen.

Letztendlich wird also die Abhängigkeit von internationalen Akteuren perspektivisch zunehmen, zugleich wird mit Rückgang der Automatenstruktur das Bargeldvolumen stark zurück gehen.  Es ist wichtig, dass diesen Entwicklungen Einhalt geboten wird. Hier ist auch die Politik gefordert. Ein Ansatz, um dieser Marktdominanz Einhalt zu gebieten, wäre ein einheitliches europäisches Zahlungsverfahren für Kunden und Händler, wie dies im Rahmen der European Payments Initiative (EPI) geplant ist. Mit einer eigenen Infrastruktur würde dieses in direkte Konkurrenz zu den großen internationalen Kartenschemes treten und europäische Souveränität im Zahlungsmarkt gewährleisten. Doch bis diese umgesetzt ist und dann möglicherweise die gewünschte Wirkkraft entfaltet, muss politisch der Fokus stark auf den Schutz der nationalen Infrastruktur gelegt werden. Grundlage dafür ist die Schaffung von Wettbewerbsgleichheit und eines fairen, nachhaltig und langfristig funktionierenden Marktumfelds.

Über AG Geldautomaten

Die AG Geldautomaten vertritt die Interessen der unabhängigen Geldautomatenbetreiber in Deutschland. Zu ihren Mitgliedern zählen Unternehmen, die dort Geldautomaten betreiben, wo Kunden Bargeldbedarf haben, vor allem in den Innenstädten und in ländlichen Regionen.

Die 2010 gegründete Arbeitsgemeinschaft ist mit ihrem Know-how und Erfahrungsschatz eine kompetente Ansprechpartnerin rund um das Thema Bargeldversorgung. Im Zentrum stehen die verlässliche flächendeckende Verfügbarkeit von Bargeld, die Infrastruktur von Geldautomaten sowie alle technischen und regulativen Fragestellungen. Die AGG-Mitglieder haben bundesweit einen Marktanteil von rund zehn Prozent. Ihre ca. 5.000 Geldautomaten sind an sogenannten Drittstandorten platziert – also in Innenstädten, Stadtrandlagen sowie ländlichen Regionen.

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