Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeitet die halbe Republik im Homeoffice. Ärztinnen und Ärzte brauchen nach wie vor Praxisräume. Der Praxismietvertrag hat aber seine Tücken. Standardmietverträge bergen erhebliche Risiken.

Das traditionelle Berufsbild des Arztes sieht diesen niedergelassen in der eigenen Praxis, und so sieht das auch das Berufsrecht. Die Ausübung ärztlicher Tätigkeit ohne festen Praxissitz ist nach der Musterberufsordnung unzulässig. Dabei ist es häufig so, dass der Vermieter den Mietvertrag vorgibt. Oft verwendet er einen Mustermietvertrag aus dem Netz oder von einem Verband. „Der Betrieb einer Arztpraxis bringt aber einige Eigenheiten mit sich, für die solche Formularverträge nicht gedacht sind“, weiß Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht bei Ecovis in München.

Unbedingt den Mietzweck aufnehmen

Wichtig ist, dass die Parteien als Zweck des Mietvertrags den Betrieb einer Arztpraxis vereinbaren. Denn dann ist klar, dass der Patientenverkehr, der erhöhte Parkdruck und das nach Paragraph 23 der Berufsordnung erforderliche Praxisschild vom Vertragszweck erfasst sind. Wo und gegebenenfalls in welcher Größe der Arzt Schilder anbringen darf, sollte ebenfalls im Vertrag geregelt sein.

Die Dauer des Mietvertrags bedenken

Natürlich weiß niemand zu Beginn seiner Tätigkeit, wie lange er in den Praxisräumen bleiben möchte. Trotzdem ist es sinnvoll, sich Gedanken über die Dauer des Mietvertrags und Möglichkeiten des Ausstiegs zu machen. „Am ungünstigsten ist tatsächlich ein unbefristeter Mietvertrag. Was zunächst nach maximaler Sicherheit klingt, ist im gewerblichen Mietrecht potenziell tödlich“, weiß Müller.

Die vielen Schutzvorschriften des Wohnraummietrechts gelten hier nicht. Die Kündigung ist jederzeit mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende möglich. Klüger ist, eine feste Mietdauer von zehn oder fünfzehn Jahren mit zwei oder drei Optionen auf jeweils weitere fünf Jahre zu vereinbaren. „Wir wissen aus Erfahrung, dass die meisten Vermieter mit einer solchen Optionsregelung einverstanden sind“, sagt Müller.

Wettbewerber um die Ecke ausschließen

Während ein Hausarzt und eine fachärztliche Internistin sich noch gut ergänzen mögen, wären drei urologische Praxen in einem Haus keine gute Idee. Sinnvoll ist deswegen, sich vom Vermieter zusichern zu lassen, dass er im selben Haus – oder sogar in allen seinen Immobilien im Umkreis – nicht an Ärzte gleicher oder konkurrierender Fachrichtungen vermietet. „Vereinbaren Sie bei einem Verstoß auch eine Vertragsstrafe, sonst müssen Sie mühsam beweisen, dass Sie durch die Konkurrenz einen Schaden erlitten haben“, rät Müller.

Vertragsparteien und Erweiterung

Wichtig ist auch, Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Aus der Einzelpraxis kann sich eine Gemeinschaftspraxis, ein MVZ oder auch eine Praxisgemeinschaft entwickeln. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollten sich die Aufnahme weiterer Berufsträger in allen zulässigen ärztlichen Kooperationsformen gleich im Mietvertrag genehmigen lassen. Und: Praxisinhaber sollten klarstellen, dass der Vermieter den Vertrag auf die neue Gesellschaft umschreiben muss, wenn dem nicht erhebliche Gründe entgegenstehen. Dies könnte zum Beispiel die fehlende finanzielle Bonität des neuen Mieters sein.

Schon beim Start an die Praxisnachfolge denken

Am Ende der arbeitsreichen Arzt-Karriere steht häufig der Verkauf der Praxis. Gerade wenn der Markt hier demografiebedingt schwieriger wird, sollten sich Ärztinnen und Ärzte keine zusätzlichen Hürden in den Mietvertrag bauen. Daher ist das im Mietvertrag vereinbarte Optionsrecht wichtig. Ein Praxisnachfolger wird in aller Regel – zumindest zunächst – am etablierten Standort weiterarbeiten wollen. „Sind dann, wie im Mietvertrag vereinbart, noch fünf oder zehn Jahre Verlängerung möglich, wird das beim potenziellen Käufer gut ankommen“, weiß Müller. Voraussetzung ist aber auch eine Nachfolgeklausel im Mietvertrag, nach der ein Nachfolger, wenn nicht gravierende Gründe gegen ihn sprechen, ohne Schwierigkeiten in den Vertrag einsteigen kann. Diese Klausel sollte neben dem Verkauf auch die eigene Berufsunfähigkeit und den Tod des Mieters abdecken.

Praxismietverträge sind umsatzsteuerfrei

Auf ärztliche Leistungen wird keine Umsatzsteuer fällig. Ärztinnen und Ärzte können daher bei eingekauften Leistungen und Waren keine Vorsteuer abziehen. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof 2004 entschieden, dass Vermieter die von den Ärzten an sie gezahlte Umsatzsteuer zurückzahlen müssen (XII ZR 292/02). „Es empfiehlt sich trotzdem, zur Klarstellung in den Mietvertrag aufzunehmen, dass auf die Miete keine Umsatzsteuer anfällt“, sagt Ecovis-Experte Müller.

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