Raphael Semet, Quantitative Researcher beim Amundi Institute und Team

Der Klimawandel und soziale Ungleichheit lassen sich nicht trennen

Es ist nachvollziehbar, dass die Dringlichkeit des Klimawandels den ökologischen Aspekten der Energiewende den größten Vorrang einräumt, aber auch die angemessene Berücksichtigung sozialer Ungleichheiten und der Verteilung von Verbrauch und Schäden sind bei der Klimamodellierung von größter Bedeutung. Das wachsende Ungleichgewicht innerhalb oder zwischen den Regionen könnte die Energiewende gefährden, weil es aktuell schwer vorstellbar scheint, dass in der Breite eine Politik akzeptiert wird, die für eine gerechtere Verteilung der Klimaschäden notwendig wäre. Der Zielkonflikt zwischen sozialen und ökologischen Aspekten scheint ein Schlüsselfaktor für den Übergang zu den Netto-Null-Zielen sein.

Ist Carbon-Pricing Teil der Lösung?

Das Problem für die politischen Entscheidungsträger besteht darin, dass die Verringerung der sozialen Ungleichheit und der Schutz der Umwelt zwei unterschiedliche Ziele sind, die sich sowohl ergänzen als auch widersprechen können. Ein klimapolitischer Ansatz, den die Länder zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen verfolgen, ist beispielsweise die CO2-Bepreisung. Dabei wird eine Gebühr auf den Ausstoß von Emissionen erhoben und/oder ein Anreiz für einen geringeren Ausstoß geboten. Dies kann zu Verschiebungen im Verbrauch und bei den Investitionen führen und so die wirtschaftliche Entwicklung mit dem Klimaschutz in Einklang bringen. Aber die Schritte führen nicht immer zu den gewünschten Ergebnissen: So kann beispielsweise das Ziel einer CO2-Steuer auf Treibhausgasemissionen oder den Kohlenstoffgehalt fossiler Brennstoffe darin bestehen, die Emissionen zu verringern, aber die Umverteilung der Steuereinnahmen könnte sie wieder in die Höhe treiben.

Politische Maßnahmen können zu weiteren Belastungen führen

Darüber hinaus können die politischen Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen regressiv sein und einkommensschwache Gruppen und Länder am stärksten treffen. So kann beispielsweise die Einführung einer CO2-Steuer die Preise für fossile Brennstoffe, Strom und Lebensmittel erhöhen, die bereits einen großen Teil des Einkommens der ärmeren Menschen ausmachen. Schließlich gibt es bei der Verteilung der Lasten des Klimawandels auch generationenübergreifende Aspekte zu berücksichtigen. Wenn die heutigen Generationen nicht bereit sind, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, könnten sie den künftigen Generationen ein erschöpftes Naturkapital und einigen Gruppen einen niedrigeren Lebensstandard hinterlassen.

Die Studie überprüft die die Einbeziehung sozialer Ungleichheit in die wirtschaftliche Modellierung des Klimawandels. Ein besonders Fokus liegt auf den Wechselwirkungen zwischen Klimarisiken und sozialer Ungleichheit innerhalb und zwischen Regionen. So ermöglicht das Modell eine genauere Schätzung einer optimalen Klimapolitik.

In der Untersuchung wird die Frage auf drei verschiedenen Ebenen behandelt:

  • Generationenübergreifend: Durch die Verzögerung von Klimaschutzmaßnahmen wird die

Schadenslast auf künftige Generationen übertragen

  • Interregional: Die Industrieländer können die Treibhausgasemissionen eindämmen, während die

Entwicklungsländer sich nur anpassen können. Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und der Gefährdung durch den Klimawandel

  • Intraregional: Da ärmere Haushalte stärker als andere unter den Kosten und Schäden des Klimaschutzes leiden, muss die Wechselwirkung zwischen Klimarisiken und wirtschaftlicher Ungleichheit innerhalb der Regionen untersucht werden

Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass soziale Ungleichheit bei der Festlegung eines integrativen Weges zur Dekarbonisierung unbedingt berücksichtigt werden muss. Insbesondere sollten Sozialtransfers eine Schlüsselrolle in der Klimapolitik spielen, da sie zu einer Verringerung der Größe und Anzahl der gefährdeten Gruppen führen können. Wie aus den verschiedenen Varianten hervorgeht, muss der Umverteilungsprozess jedoch optimal sein, um die erwarteten Vorteile zu erzielen. Ist dies nicht der Fall, können die Transfers lediglich zu einem Ausgleich zwischen den Einkommensgruppen führen. Umverteilungsprozesse können das Problem nicht allein lösen, sondern müssen von einer starken Klimapolitik begleitet werden.

Auch Anlegerinnen und Anleger können etwas gegen die soziale Ungleichheit tun, indem sie zielgenau in Produkte, die die soziale Fairness im Fokus haben, investieren und so das „S“ der vielfältigen ESG-Angebote am Markt betonen.

Quelleninformationen und weitere Angaben finden Sie in der Studie „Climate Change and Social Inequality“ sowie im Amundi Research Center.

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