Eine neuartige, keramische Düse kombiniert Plasma mit FDM-Druck. Durch die Plasmabehandlung einzelner Schichten im Druckprozess werden definierte Hafteigenschaften, die Sterilisation von Oberflächen und die Erzeugung leitfähiger Schichten ermöglicht.

Die additive Fertigung von Kunststoffen hat sich bereits in vielen Industriezweigen als ernstzunehmende Alternative zu herkömmlichen Produktionsverfahren etabliert. Neben hoher konstruktiver Flexibilität und der Möglichkeit schneller Iterationszyklen für die Produktentwicklung bietet der 3D-Druck ein großes Potenzial für die Integration ganzer Baugruppen. Für Kunden eröffnen sich dadurch Einsparpotenziale bei personalintensiven Montagen durch die Abbildung der Baugruppe innerhalb eines komplexen, additiv gefertigten Einzelbauteiles.

Fused Deposition Modeling (FDM) – auch oftmals als Fused Filament Fabrication (FFF) bezeichnet – ist eine weit verbreitete 3D-Druck-Technologie, bei der Filamente erhitzt und mittels einer Düse extrudiert werden. Die so aufgeschmolzenen Werkstoffe werden schichtweise auf einer Plattform abgelegt und erzeugen so das gewünschte Bauteil. Da dieses Verfahren bereits vor mehr als 35 Jahren entwickelt wurde und der Prozess an sich technologisch etabliert ist, beschränken sich Neuentwicklungen größtenteils auf die Erweiterung der Werkstoffpalette und Festigkeitssteigerungen der 3D-gedruckten Erzeugnisse.

Herausforderungen des FDM-Druckes von Kunststoffen

Materialien wie CFK und GFK werden bereits erfolgreich serienmäßig im 3D-Druck von Kunststoffen eingesetzt. Ihre hochfesten Eigenschaften erhalten die Materialien durch eingebrachte Kohlenstoff-oder Glasfasern bzw. bei manchen Drucktechnologien durch Endlosfasern aus Kohlenstoff. Die resultierenden Festigkeitssteigerungen wirken allerdings nur innerhalb der einzelnen Schichten (X- und Y-Orientierung). Bedingt durch den Herstellungsprozess des FDM-Druckes sind Festigkeiten in Z-Richtung deutlich geringer. Die neue, aufgeschmolzene Schicht wird auf eine bereits erkaltete, darunterliegende Schicht aufgebracht. Beide Schichten kleben zwar aneinander, verbinden sich jedoch nicht auf atomarer Ebene zu einem monolithischen Körper. Diese Problematik ist im 3D-Druck von PTFE noch verstärkt, da es eine geringe Benetzbarkeit und Haftreibung aufweist. Somit entstehen Sollbruchstellen zwischen den Schichten durch stark anisotrope Festigkeiten im Bauteil, was mögliche Anwendungen einschränkt.

Die Aktivierung von Kunststoffoberflächen mittels Plasma ist eine seit Jahrzehnten erprobte und gut entwickelte Technologie. Im industriellen Maßstab geschieht dies z.B. während der Produktion von Textilien, Vliesen, Membranen und Folien. Eine Plasmabehandlung der polymeren Werkstoffe verbessert sowohl die Benetzbarkeit als auch mechanische und antistatische Eigenschaften der Endprodukte. Bei der Bedruckung von Kunststoffverpackungen sorgt das Plasma dafür, dass farbige Aufdrucke die notwendigen Hafteigenschaften aufweisen. Hierbei werden kovalente Bindungen auf der Oberfläche des Thermoplasts mittels Plasma aufgebrochen und als OH-, NH2-, oder NH-Gruppen funktionalisiert. Diese funktionellen Gruppen ermöglichen eine Verbindung der gedruckten Schichten auf atomarer Ebene. Dieses Verfahren soll nun auf den FDM-3D-Druck übertragen werden. Neueste Forschungsergebnisse bestätigen, dass eine Plasmabehandlung gedruckter Schichten die gewünschten Vorteile mit sich bringt [1].

Entwicklung einer 3D-gedruckten Plasmadüse zur „in situ“ Plasmabehandlung

In Zusammenarbeit mit einem namhaften, deutschen Institut wurde in den letzten 3 Jahren eine keramische Düse aus hochreinem Aluminiumoxid (Al2O3) entwickelt, um die Applikation von Plasma auf verschiedenen Werkstoffen zu testen. Der Grundkörper der Plasmadüse wurde bei Hilgenberg Ceramics mittels keramischem 3D-Druck hergestellt. Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Geometrien getestet und so iterativ die Plasmaerzeugung optimiert. Düsen aus Kunststoff wurden ebenfalls getestet, aber verworfen, da deren dielektrische Eigenschaften mit der Zeit verloren gehen. Grund dafür ist die Bildung einer leitenden Graphitschicht durch Plasmaeinwirkung an der Oberfläche des Düsenaustrittes. Al2O3 weist durch seine inerten Eigenschaften keine Schichtbildung auf und garantiert daher langfristige dielektrische Eigenschaften.

Die entwickelte Plasmadüse wird parallel zur FDM-Düse angebracht und fährt nach jeder gedruckten Schicht die Oberfläche mit einem Plasmajet ab. Um eine Integration in bestehende FDM-Systeme zu erleichtern, war die Miniaturisierung der Düse eine wichtige Anforderung. Wie im Titelbild zu erkennen, hat die Düse Abmaße von ca. 40 x 20 x 10 mm.

Die Düsengeometrie ist so ausgelegt, dass die Keramik als Dielektrikum fungiert. Die Außenseite der Düse wird mit Kupfer metallisiert und bildet somit die äußere Elektrode. In das Innere der Düse wird eine zweite Elektrode eingesetzt und zwischen den beiden Elektroden entsteht ein elektrisches Feld mit hoher Frequenz und hoher Spannung. Dieses Feld dient dazu das durchströmende Gas zu ionisieren und Plasma zu erzeugen.

Mehrere Düsengeometrien wurden im Rahmen des Projektes getestet. Das dazugehörige Schnittbild zeigt sehr gut, dass der 3D-Druck für die Entwicklung neuer Bauteile absolute Gestaltungsfreiheit ermöglicht. Eine solch komplexe Innenkontur ist nur additiv herstellbar und daher optimal für den keramischen 3D-Druck ausgelegt. Für das beschriebene Produkt läuft momentan eine Patentanmeldung.

Anwendungsfelder der neuen Düsentechnologie

Neben der Aktivierung einzelner Schichten für Haftungszwecke im FDM-Druck kann die Plasmadüse auch – je nach Energiedosis und verwendetem Gas – für weitere Zwecke genutzt werden:

  • Reinigung von verschmutzten Oberflächen für die Applikation von Klebstoffen, Lacken und PVD-Schichten
  • Sterilisation der Oberfläche, insbesondere für medizinische Anwendungen
  • Ätzen und Anrauen fasergefüllter Filamente für anschließende Aktivierung der Oberflächen
  • Abscheidung von Schichten für kontrollierte Adhäsionseigenschaften im Recycling

Die keramische Plasmadüse zeigt eine deutlich erhöhte Standzeit und der Einsatz des 3D-Druckes als Herstellungsverfahren ermöglicht die Optimierung und Miniaturisierung der Düsengeometrie. Die entwickelte Düse könnte auch für die Herstellung funktionalisierter Oberflächen in anderen Anwendungsfeldern interessant sein. Hier sind unter anderem die Halbleiterbranche, Sensorik und Aktorik als auch die Herstellung digitaler Displays zu nennen.

Unter www.hilgenberg-ceramics.de/news/ stellen wir Ihnen regelmäßig Anwendungen für den keramischen 3D-Druck vor. Bei Rückfragen können Sie uns jederzeit per E-Mail oder telefonisch erreichen. Fordern Sie uns heraus!

[1] Tait D. McLouth et al. “Enhancement of FDM ULTEM® 9085 bond strength via atmospheric plasma treatment” Journal of Manufacturing Processes 66 (2021) 179–188

 

Über die Hilgenberg-Ceramics GmbH & Co. KG

Die Kompetenz von Hilgenberg-Ceramics erstreckt sich über die Schnittmenge des 3D-Drucks und der technischen Keramik. Zusammen mit unseren Kunden realisieren wir neuartige und individuelle Produkte. Dazu verwenden wir unsere 3D-Drucktechnologie und unser Know-How in technischer Keramik. In Deutschland und der EU zählen wir damit zu den wenigen Anbietern, die diese zwei Kompetenzen vereinen.

Wir erzielen so mit der additiven Fertigung der technischen Keramik einen Mehrwert für unsere Kunden, denn die Einsatzfelder reichen von Medizintechnik über Dental und Maschinenbau bis hin zu Sensortechnik und Hochtemperaturheizsystemen. Der keramische 3D-Druck wird vor allem dort eingesetzt, wo hohe Ansprüche an Designfreiheit und besondere Anforderungen an das Material gestellt werden. Als Werkstoffe für den 3D-Druck bieten wir die Keramiken Aluminiumoxid (Al2O3) und Zirkonoxid (ZrO2) an. Zudem bieten wir auch Fused Silica als Werkstoff an, z. B. für Investment Casting Kunden.

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