Die Europäische Kommission hat am 27. September 2023 ein offizielles Mandat an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) erteilt und diese damit beauftragt, ein Beschränkungsdossier für zwei Chrom(VI)-Substanzen (Chromtrioxid und Chromsäure) zu erstellen. Demnach sollen von der ECHA nun verschiedene Optionen erarbeitet werden, wie eine Beschränkung dieser Substanzen ausgestaltet werden kann.

Damit wird nun – nach Jahren fortlaufender und deutlicher Kritik durch den ZVO und den europäischen Dachverband CETS – endlich auf die grundlegenden Fehler und die daraus resultierenden massiven Probleme reagiert, die das bisher angewandte Autorisierungsverfahren mit sich gebracht hat.

Grundsätzlicher (bisheriger) Unterschied Autorisierungs- versus Beschränkungsverfahren

Autorisierungsverfahren: Die Nutzung des Stoffes ist nicht gestattet, es sei denn, es besteht eine entsprechende Autorisierung für die beabsichtigte Verwendung.

· Nachweispflicht beim Unternehmen

Beschränkungsverfahren: Die Nutzung des Stoffes ist gestattet, es sei denn, die konkrete Verwendung wurde aufgrund eines nicht-akzeptablen Risikos verboten oder beschränkt.

· Nachweispflicht bei den Behörden

Rückblick

Anfang 2013 wurde Chromtrioxid auf den Anhang XIV der REACH-Verordnung gesetzt. Dadurch wurden Unternehmen verpflichtet, entsprechende Zulassungen für die beabsichtigtet Verwendung einzuholen, um Chromtrioxid weiterhin anwenden zu können. Dafür mussten umfangreiche Anträge eingereicht werden, die den Verwendungszweck schildern und darlegen, inwiefern eine Substitution von Chromtrioxid möglich ist bzw. bereits umgesetzt wird. In enger Abstimmung und auf ausdrücklichen Hinweis der ECHA und der KOM wurden Konsortien gebildet, die diese Anträge im Namen einer Vielzahl von Unternehmen einreichten. Dies sollte einerseits den Aufwand für die Antragsteller minimieren, andererseits aber auch explizit den Arbeitsaufwand für die ECHA und die KOM in Grenzen halten.

Wegen des grundlegenden Fehlers, Chromtrioxid über die Endprodukte und deren Verwendungen zu regulieren, entstand jedoch sowohl für die antragstellenden Unternehmen als auch die prüfenden Behörden eine extreme Belastung. Aufgrund der Vielzahl und inhaltlichen Fülle der Anträge für unterschiedlichste (End-)Anwendungen wurden Entscheidungen massiv verzögert, teilweise warten die Antragsteller seit sechs Jahren auf einen Beschluss. Nicht zuletzt zeigte das Urteil des EuGH zum Chemservice Antrag die elementaren Mängel des Vorgehens auf. So wurde kritisiert, dass die Datengrundlage zu klein und zu wenig repräsentativ war, als dass eine fundierte Entscheidung über eine Zulassung hätte getroffen werden dürfen.

Inhalt des Mandats: Was plant die Europäische Kommission?

Die ECHA wurde beauftragt, verschiedene Optionen vorzuschlagen, wie eine Beschränkung aussehen kann. Während dieses Prozesses sollen verschiedene Aspekte und Arbeitsschritte beachtet werden:

  • Zum ersten soll die ECHA eine Analyse der bestehenden Autorisierungen wie auch der laufenden Anträge durchführen.
  • Insbesondere soll dabei die Effektivität der Risikomanagement-Maßnahmen, inklusive der verfügbaren Daten zu Exposition und Emission, betrachtet werden.
  • Zudem sollen auch Risikomanagement-Maßnahmen mit Bezug auf andere Regelwerke wie Arbeitsschutz (OSH) und die Industrieemissionsrichtlinie einbezogen werden.
  • Auch sozio-ökonomische Aspekte wie die Verfügbarkeit von Alternativen, möglichen Risiken, Kosten, Wettbewerbsfähigkeit etc. sollen Teil der Analyse sein.

Bis die Beschränkung offiziell in Kraft tritt, bleibt Chromtrioxid weiterhin in Anhang XIV enthalten. Die derzeitigen Bestimmungen gelten also weiterhin. Das Autorisierungsverfahren bleibt wie gehabt in Kraft.

Bewertung des Vorhabens

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass erkannt wurde, dass das Autorisierungsverfahren massive Probleme für alle beteiligten Parteien bereitet hat und nun ein Lösungsvorschlag vorgelegt wurde. Korrekt ausgestaltet kann dies viele der grundlegenden Fehler auflösen. Das vorliegende Mandat für die ECHA zeigt jedoch, dass aufgrund nicht durchgeführter Problemanalysen diese Fehler nicht vollständig erkannt und deshalb wiederholt werden. Der ZVO und der Europäische Dachverband CETS werden in den kommenden Wochen und Monaten in enger Abstimmung mit ECHA und Europäischer Kommission stehen, um für eine optimale Ausgestaltung des Beschränkungsvorschlags einzutreten.

Als wesentliche Gefahren des vorliegenden Mandats können gesehen werden:

  • Es soll erneut eine (kurze) Analyse der Alternativen vorgenommen werden. Was von den antragstellenden Unternehmen in hunderten umfangreicher Anträge inkl. Substitutionspläne dargelegt wurde, soll nun erneut, diesmal alleine durch die ECHA durchgeführt werden. Die Behörde wird mit entsprechender großer Arbeitsbelastung konfrontiert sein. Dadurch drohen Verzögerungen im Verfahren und nicht ausreichend fundierte Schlüsse.
  • Das Mandat stellt in Aussicht, dass es Ausnahmeregelungen mit differenzierten Übergangsfristen für verschiedene Verwendungen geben könne, bspw. hinsichtlich des Risikos, der sozio-ökonomischen Abwägungen und der Verfügbarkeit der Alternativen.
  • Diese Vorgabe legt nahe, dass die Beschränkung die Verwendung grundsätzlich verbieten soll – es sei denn, die Kommission erteilt auf Antrag Ausnahmegenehmigungen (analog dem PFAS-Beschränkungsvorschlag) Damit liefe die Beschränkung auf ein „quasi-Autorisierungsverfahren“ hinaus, allerdings ohne die bekannten Fristen und Kontrollmechanismen.
  • Somit droht ein Szenario, in dem die Beweispflicht erneut auf die Unternehmen übergeht. Das Beschränkungsverfahren sieht jedoch explizit vor, dass diese bei den Behörden liegen soll.
  • Es wird weiterhin zu stark auf die Endprodukte eingegangen.

Forderungen

Eine Lösung der umfangreichen Problematik ist nur dann möglich, wenn auf die zugrundeliegenden Fehler eingegangen wird und diese entsprechend aufgelöst werden. Dazu gehört insbesondere, ausschließlich dort zu regulieren, wo tatsächliche Risiken bestehen, und somit den Arbeitsaufwand für alle Beteiligten in bewältigbaren Maß zu halten. Es ist dringend zu vermeiden, dass erneut eine Verpflichtung zur Erstellung umfangreicher Analysen und Anträge für die Unternehmen entsteht. Zudem müssen schnellstmöglich offene Fragen geklärt werden, um maximale Planungssicherheit für die Unternehmen zu gewährleisten. Dies betrifft unter anderem den Umgang mit den bestehenden Autorisierungen und noch laufenden Anträgen.

Zeitplan

Die Europäische Kommission geht davon aus, dass es im Idealfall drei Jahre dauern wird, bis die Beschränkung offiziell in Kraft treten kann. Dies wäre September 2026. Zeitgleich würde in diesem Fall die Verpflichtung zur Autorisierung entfallen.

Hier sind die wesentlichen Schritte des Verfahrens in einem Zeitstrahl dargestellt (PDF-Dokument). Die kommenden Wochen und Monate werden also zunächst von inhaltlicher Arbeit der ECHA geprägt sein, welche von ZVO/CETS eng begleitet werden wird.

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